Reiseberichte: Kanaren 2006

Kurztrip in die Sonne: Seekajaktour entlang der felsigen Ostküste der Kanareninseln Lanzarote und Fuerteventura.

Eine einwöchige Tour von der Nordspitze Lanzarotes bis zur Hauptstadt Fuerte Venturas entlang der felsig-schönen Ostküste.  

 

Lanzarote und Fuerteventura liegen –als die beiden östlichsten Inseln der Kanaren– nur etwa 120 Kilometer vor der Küste Afrikas auf der Höhe Südmarokkos. Durch die Lage und die ganzjährig angenehmen Temperaturen ein perfektes, wenn auch anspruchsvolles Seekajakziel.

 

 

 

Nachdem wir im Vorjahr die Winterpaddeltour in der Dänischen Südsee aufgrund von Sturm und Schneeverwehungen abbrechen mussten, hatten wir für dieses Jahr ein Ziel in sonnigen Gefilden ausgesucht. Recherchen im Internet erklärten die Kanaren zu einem idealen, wenn auch anspruchsvollen Revier. Es war alles andere als leicht, eine Fluggesellschaft zu finden, die bereit war, unsere 5,30 Meter langen Kajaks mitzunehmen. Schließlich stellt sich heraus, daß nur Lanzarote und Fuerteventura von entsprechenden Flugzeugen angesteuert werden. Aus dieser Information und der im Februar vorherrschenden Windrichtung aus Nord ergab sich bereits die vollständige Streckenplanung. Vom Nordende Lanzarotes sollte es bis nach Puerto de Rosario auf Fuerteventura gehen. So weit die Theorie:

In der Praxis stellt sich heraus, daß die Gepäckaufgabe in Düsseldorf auf solches Sperrgepäck nur mäßig eingestellt ist. So schieben wir die Boote mehrfach quer durch die Terminals bis endlich ein Weg gefunden ist, die Boote zu wiegen und aufzugeben.

 

Bereits aus Deutschland haben wir ein Taxi mit Dachgepäckträger organisiert. Obwohl der Flieger fast 40 Minuten Verspätung hat, wartet Jesus mit seinem alten Mercedes-Kombi noch vor dem Ausgang. Mit einem kurzen Zwischenstopp, um Benzin für den Kocher und Trinkwasser aufzunehmen, erreichen wir bereits um 15:00 Uhr den kleinen Hafen Orzola.

 

 

 

Im Hafen, direkt auf der Bootsrampe breiten wir unser Gepäck aus, um ein wenig Ordnung zu schaffen und alles in die Luken der beiden Boote zu verstauen. Der Atlantik begrüßt uns direkt an der Hafenausfahrt mit einer 1,5 Meter hohen Brandungswelle, die wir aber unbeschadet überwinden können.

Unglaublich, um 10:00 Uhr morgens standen wir noch im regnerischen Düsseldorf und nur sieben Stunden später umrunden wir bereits bei leichtem Rückenwind die Brandung der vorgelagerten Felsen von Punta Fariones der Nordspitze von Lanzerote. Wir paddeln noch eine gute Stunde vorbei an Caleta del Sebo und erreichen unterhalb des Vulkankegels Montana Amarilla einen geschützten Strand am südlichen Ende von La Graciosa. Dort bauen wir direkt am feinen Sandstrand in der untergehenden Sonne unser Zelt auf.

 

 

Den Morgen beginnen wir mit der Besteigung des Montana Amarilla. Von hier aus hat man einen guten Überblick bis zur Nordspitze von La Graciosa mit den spärlichen Anlandungsmöglichkeiten und den hohen Brandungswellen an den wenigen Stränden. In der Ferne sind die steilen Felsklötze der Inseln Montana Clara und Roque del Infierno erkennbar. Obwohl der Wetterbericht für die kommenden Tage starken Wind aus Süd ankündigt, beschliessen wir heute, zunächst La Graciosa zu umrunden, um dann an der Ostküste Lanzarotes weiter nach Süden zu fahren. Es herrscht eine Dünung von zwei bis drei Metern und so müssen wir mehrere hundert Meter Abstand von der zerklüfteten Steilküste halten, um nicht in Gefahr zu kommen, von der Brandung erfasst und gegen die Felsen geschleudert zu werden.

Ohne Zwischenstop erreichen wir wieder Lanzarote, fahren an Orzola vorbei Richtung Süden. Hier beginnt das Malpais de la Corona. Hier hat sich bei einem Ausbruch die Lava auf einer Breite von mehreren Kilometern ins Meer geschoben. Es entstand eine sehr scharfkantige zerklüftete Gegend. Lange suchen wir nach einer Anlegemöglichkeit und finden schliesslich eine kleine Bucht, die durch ein vorgelagertes Riff geschützt ist. Trotzdem lässt es sich nicht vermeiden, mit den Wellen einige Meter über die scharfkantigen Lavabrocken gespült zu werden. Wie gut, dass unsere PE-Boote nahezu unverwüstlich sind.

 

Am nächsten Tag setzen wir unsere Tour fort. Noch haben wir gute Bedingungen, doch der Wetterbericht sagt, daß dies der letzte Tag vor dem Sturm ist. Auch hier entlang der Strecke beeindruckende Lavaformationen, aber wenig Anlegemöglichkeiten.

 

Da ab Costa Tequise 30 Kilometer lang Touristenanlagen folgen, suchen wir in der Bucht Enseneda de la Gorrina Schutz vor dem langsam zunehmenden Wind und bauen dort unser Lager auf

Zwischen den Lavafelsen machen wir es uns gemütlich und richten uns auf einen längeren Aufenthalt ein. Für die Boote suchen wir einen sicheren Lagerplatz vor den Fluten.
Im nahen Costa Tequise stocken wir unsere Trinkwasservorräte wieder auf und bestaunen die pompösen Anlagen der Touristikanlagen.

Da der Wind in der Nacht wieder abgeflaut ist, schöpfen wir im herrlichen Sonnenaufgang etwas Hoffnung. Doch kaum ist der große Feuerball dem Meer entstiegen, wühlt der aufkommende Wind die See auf und krönt die Wellen mit Gischtschleiern. Innerhalb weniger Minuten ist für uns klar. Dies ist ein guter Wandertag.

Zunächst erklimmen wir den Vulkan Monana Corona mit seinen 229 Metern, von dem man bei klarem Wetter sicher eine beeindruckende Sicht über ganz Lanzarote hat. Uns aber bläst der diesige Sturm mit geschätzten 70 Stundenkilometern entgegen.

 

Wir folgen einem ausgetrockneten Flussbett, das sich hier tief in die Lavaoberfläche eingegraben hat und dabei unzählige kleine Höhlen bildet. Hier in der feuchten Niederung finden wir die einzigen kleinen Bäume, die nicht von Menschen gepflanzt sind. Durch die wenigen Niederschläge ist die Landwirtschaft auf ständige künstliche Bewässerung angewiesen.

 

Nach mehrstündigem Fußmarsch erreichen wir den ältesten Ort Lanzarotes Villa Tequise. Die sauber hergerichteten Plätze und schön restaurierten Gebäude zeigen an, das mit dem Tourismus inzwischen ein gewisser Wohlstand eingezogen ist.

 

Oberhalb von Villa Tequise tront auf dem Kraterrand des Guanapay-Vulkans eine alte Burg. Sie beherbergt ein Museum über Auswanderer die in den vergangenen Jahrhunderten die Kanaren verließen, um in Amerika ihr Glück zu suchen.

Nach dieser anstrengenden Wanderung finden wir unten im Ort noch eine nette Kneipe, wo wir uns in der untergehenden Sonne noch ein Bierchen gönnen.

Am nächsten Tag hat der Wind etwas nachgelassen und so versuchen wir bei etwa drei Meter Welle und fünf Beaufort Gegenwind wenigstens bis zum Flughafen von Arrecife zu paddeln. Nach cirka einer Stunde erreichen wir die Hafeneinfahrt von Costa Tequise und beschließen dort anzulanden, da uns eine Weiterfahrt wegen der starken Brandung und der unklaren Anlandungsmöglichkeiten zu gefährlich erscheint. Aufgrund unseres engen Zeitplans müssen wir jetzt bereits auf Plan B umdisponieren. Mittels Taxi umfahren wir die für uns uninteressanten Touristengebiete und wollen im Süden an den Papageienstränden unsere Tour fortsetzen. Zu den Stränden führt nur eine Piste, so daß uns der Taxifahrer im Hafen von Playa Blanco absetzt. Unser ursprünglicher Plan, von dort zu den Playa Papageijos zu paddeln scheitert an der Hafenmeisterei, die wegen des Sturms den Hafen geschlossen hat und uns verbietet, vom Hafen aus zu starten. Wie wir feststellen, wird die Hafenmole von Gischt überspült und tags zuvor wurde sogar die Fährverbindung nach Fuerteventura eingestellt. Kurz gesagt: "a bissl windig is hoit scho".

 

Wir verstauen gegen eine geringe Gebühr die Boote und unser Gepäck in der Segelschule des Hafens und machen uns zu Fuß auf den Weg zu den Stränden im Osten. Hier müssen wir feststellen, das die Strände mit scharfkantigen Felsformationen durchsetzt sind, gegen die wir uns nur ungerne durch die Brandung werfen lassen wollen. So sind wir froh, in Ruhe eine geeignete Anlegestelle suchen zu können, um am nächsten Tag die Boote nachzuholen.

Blick auf den südlichsten der Strände. Leider durch die vorgelagerten Felsen für eine Anlandung völlig ungeeignet.

Am nächsten Morgen scheinen die Bedingungen recht gut. Vor der Hafenmole haben wir zwar immer noch um die drei Meter hohe Wellen, die von der Mole unangenehm zurückgeworfen werden. Ein Ausflugsboot, das langsam quer zu den Wellen dieses Kabbelwasser durchfährt, kommt dabei bedenklich ins Rollen und stellt damit den Magen seiner Fahrgäste auf eine ordentliche Probe.

 

Beim Anlanden stellt sich nun für uns die Aufgabe zum einen, den richtigen Strandabschnitt ohne Felsen und zum anderen die richtige Welle zu finden.

  

Da von unserer Warteposition außerhalb der Brandungszone der Strand nicht einzusehen ist und sich die Welle erst direkt vor dem Strand aufbaut, benötigt man bei der Wahl des Zeitpunktes ein wenig Glück.

 

Es gelingt uns, die nur 15 Meter breite felsenfreie Schneise am Playa del Pozo zu treffen. Jetzt heißt es, schnell aus dem Boot zu springen, um nicht von der rücklaufenden Strömung wieder in die Brandung gezogen zu werden. Diese Strände werden regelmäßig patrouilliert. Erst in der Dunkelheit bauen wir deshalb hier unser Zelt auf.

 

Der Wetterbericht hat ein Ende der Südwinde angekündigt und so bereiten wir uns auf die Überfahrt zum südlich gelegenen Fuerteventura vor. Wir starten bereits bei Sonnenaufgang, um die ruhigen Morgenstunden voll auszunutzen.

Nach 90 Minuten erreichen wir bereits Isla de Lobos und haben damit den offenen Bereich der Überfahrt schon hinter uns. Langsam nimmt der Südwind wieder zu und bestückt die Wellen mit kleinen Schaumkronen.

 

Wir erreichen die Sandstrände von El Sable, einer ausgedehnten Wüstenlandschaft. An den Bergen im Süden steigt, durch den Wind getrieben, die Feuchtigkeit auf und bildet dunkle Wolken. In Abständen von wenigen Minuten ziehen heftige Regenböen über den Strand. Nach einer Stunde Rast brechen wir wieder auf.

Westlich der verlassenen Ruinen von El Fuerte finden wir am Playa del Chincorro einen steinigen Strand für unser Lager. Der meist ausgetrocknete Barranco del Cabadero ist durch die Regenfälle zu einem schlammigen Bach angeschwollen, der weite Teile der Bucht in eine bräunliche Brühe verwandelt hat.

 

Ein paar Meter oberhalb des Strandes finden wir eine ebene trockene Fläche für das Zelt, die normalerweise als Wendeplatz für Fahrzeuge genutzt wird. Ein Stück weiter treffen wir auf Bewohner einer ärmlichen Barackensiedlung. Nicht überall auf dieser Insel trägt der Tourismus reiche Früchte.

 

Früh am nächsten Morgen sitzen wir wieder im Boot und erreichen bereits gegen Mittag die großen Hafenanlagen von Puerto del Rosario. Schon von weitem hört man die Generatoren des Elektrizitätswerkes. Wir fahren weiter Richtung Süden, um möglichst nah an den Flughafen zu kommen, den wir, wenn möglich, von dort zu Fuß erreichen wollen.

 

 

Am Playa Blanca finden wir einen breiten Sandstrand und beenden mit schwerem Herzen hier die Paddeltour. Die Erkundung ergibt, das ein Zelten hier durch die Nähe zur Straße kaum möglich ist. Auch der geplante Fußmarsch zum Flugplatz scheitert daran, das wir auf der vierspurigen Autobahn unsere Boote ziehen müssten.

Also nehmen wir uns zum Abschluss noch einmal ein Zimmer im Hotel. Auf dem schattigen Balkon genießen wir den Nachmittag mit einem selbst gekochten Cappuccino. Der Sprit vom Kocher muss ja eh weg und die Kacheln werden die Hitze vom Kocher schon vertragen.

 

Unsere Boote bekommen auch einen schattigen Platz, an dem wir sie wieder reisefertig machen können. (Also: Steueranlage abmontiert, Bug und Heck und alle Beschläge mit etwas Luftpolsterfolie und Tape geschützt). Für den nächsten Tag ist schnell noch ein Taxi mit Dachgepäckträger geordert, so daß wir in der untergehenden Sonne am Strand den letzten Abend in Ruhe ausklingen lassen können.

Und so sitzen wir am Ende dieser einen Woche wieder am Flughafen und hoffen, daß die Fluggesellschaft unsere Boote heil wieder nach Deutschland bringt, als wir die Nachricht bekommen, daß unser Airbus 360 gestrichen und durch zwei kleinere Airbus 320 ersetzt wird. Gut, denken wir, daß uns das auf dem Rückflug passiert. Denn wir rechnen nicht damit, daß die Boote in die Laderäume passen. Nach dem Start der Maschine kommt dann aber doch einer der Stewards zu uns und beruhigt: "Everything is on board"

 

 

Zurück in Deutschland stellen wir beide noch einmal erstaunt fest: "Es war wirklich nur eine Woche. Die Eindrücke und Erlebnisse hätten aber leicht für mehr gereicht".

 

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